Mittlerweile ist mein Krankenhausaufenthalt eine Weile her und ich überlege die ganze Zeit, ob ich ein paar Gedanken aus „alter“ Berufsperspektive notiere. Vor allem geht es mir um meinen Frust, wie sich das Berufsbild der Krankenpflege unter dem Druck der Gewinnmaximirung und DRGs verändert. Dabei soll mein Text in keiner Weise als Kritik oder negative Bewertung meines Aufenthaltes in der Klinik verstanden werden. Ich fühlte mich als Patient, soweit man das sagen kann, wohl und gut versorgt. Jedes Krankenhaus steht unter massivem Druck und versucht Kosteneffizient zu arbeiten. Dabei sind mir öffentliche Krankenhäuser, die in kommunaler Hand sind, deutlich lieber, als die von riesigen Konzerne, die teilweise bis zu 18 Prozent Gewinnerwartung vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen haben und enorme Summen an Aktionär*innen ausschütten. Klar ist auch, dass viel Geld im Gesundheitswesen nötig ist, um hohe Qualität zu liefern.
Wie Kostendruck und Fachkräftemangel den Pflegeberuf verändern:
Die größte Veränderung ist die enorme Arbeitsteilung, die ich aus fachlicher Perspektive ablehne. Was passiert: Die Zahl der (teuren) Gesundheits- und Krankenpfleger*innen ist seit je her niedrig, die Arbeitsverdichtung steigt und durch kurze Verweildauer bei komplexeren Eingriffen, sind spezielle Fachkenntnise für Wundversorgung, delegierte ärztliche Tätigkeiten usw. nötig und verhindern die ganzheitliche Begleitung der Patient*innen. Zur Entlastung werden Nischenberufe geschaffen, Hilfskräfte eingestellt und die Arbeit enorm zerlegt. Für die Essens- und Wasserversorgung gibt es Küchenkräfte, die von der Bestellung bis zum Abräumen, sich so gut wie möglich um alles kümmern. Entlastung für die Pflegekräfte? Nun, vielleicht, aber bei Krankheiten hilft ein Blick auf Einfuhr und Ausfuhr der Patient*innen. Fehler der Küche werden am Bett nicht mehr gesehen und zack hat der Patient das falsche Essen – vor allem bei speziellen Diäten ein Problem und beim Verteilen der Mahlzeiten findet auch Kontakt zum Patienten statt. Wichtig für die Resilienz.
Zimmerreinigung: Auch wenn ich ungern mich erinnere, aber das Umfeld des Patienten, sprich die Desinfektion von Oberflächen am Bett, auf dem Nachtschrank usw. habe ich noch im Rahmen der Ausbildung gelernt und das auch als Aufgabe als Pflegekraft verstanden. Auch hierbei ist ein kurzer Kontakt zu den Patient*innen möglich (und gleichzeitig kann man super kontrollieren, ob Medikamente genommen wurden und die Einfuhr stimmt).
Psychische Genesung: Es war immer irgendwie Trubel. Den ganzen Tag kamen Leute ins Zimmer, die irgendwas gemacht haben: Pflegekräfte für die Bettenrunde und Verbandswechsel, Visite logischerweise, Reinigungsteam 1 für Bad und Boden, Reinigungsteam 2 für patientennahe Flächen, ab und an Kreislaufkontrolle, nachmittags ’ne Spritze und regelmäßig die eine oder andere Küchenkraft und natürlich die Physiotherapie. Bei den ganzen Gesichtern sich auch nur irgendwie Namen zu merken war kaum möglich und die Zeit, die die Pflegekraft am Ende mit dem Patienten verbringen kann, um ganzheitlich zu begleiten und betreuen, fehlte irgendwie trotzdem. Der Koordinierungsaufwand und Schulungsaufwand für so viel kleinteiliges Personal soll nun also von Vorteil sein. Vielleicht hilft es Krankenhäuser wirtschaftlicher zu gestalten, bei privaten Trägern sogar Gewinne einzufahren. Aber ist das wirklich gewollt: Sozialversicherungsbeiträge als Gewinne?
Ich bin wirklich gut versorgt worden, trotz zwei Tage Bettruhe. Vielleicht war ich auch zu fit und zu selbstständig im Vergleich zu anderen Patient*innen, aber die enormen Veränderungen im Klinikalltag und die Schere zwischen Theorie und Praxis bestätigen mich um so mehr, nicht mehr in dem Beruf zu arbeiten. Ich lernte Krankenpfleger aus Überzeugung, ich war es mit Herzblut und viel Empathie und es ist bedenklich, wenn im meinem Umfeld, viele jüngere Fachkräfte im Gesundheitswesen zweifeln, diese Berufung ihr Leben lang durchzuhalten. Verstehen kann ich es sehr gut!