Die Zeit schreibt in einem Online-Artikel über eine Studie zur Wahrnehmungsstörung bei Übergewicht. Zentrale Frage der Studie ist: „Führt die Body Positive Bewegung zu einer Zunahme von Übergewicht?“ Die Studie sagt ja. Dazu wurden Leute befragt, die übergewichtig sind oder gar adipös, wie sie ihr Gewicht einschätzen. Dabei sind die Zahlen eine Katastrophe. Ein großer Teil schätzt das eigene Übergewicht als unproblematischer ein, als noch vor einer Weile. In Deutschland ist die Mehrheitsgesellschaft übergewichtig. Body Positivity ist eine Bewegung, die z.B. durch Plus Size Models, omnipräsente Werbung zu Super Size Klamotten etc. stattfindet.
Als adipöser Mensch kenne ich das nur zu gut! Selbst mit 5XL gab es Tage, wo ich mich als „gar nicht sooooo dick“ einschätzte, lag am Ende in der Regel aber immer neben dem ehrlichen Gewicht auf der Waage.
Warum Body Positivity trotzdem wichtig ist? Weil meiner Ansicht nach Verdrängung des eigenen Übergewichts – und viele Dicke verdrängen viel – als Hauptursache Stigmatisierung, Mobbing und Schamgefühle vorzuweisen hat. Wie gut, dass es Super Size Klamotten gibt. Das passt ja auch zu Super Size Restaurants. Den enormen Schock wie groß 5XL-Klamotten sind hatte ich erst, als ich mit meiner aktuellen Slim Fit XL die alten Klamotten angezogen habe. Deswegen müssen wir trotzdem zwischen zu dick und krankhaft fettsüchtig unterscheiden und den daraus resultierenden Erkrankungen. Gesellschaftlich sind dicke Menschen sichtbar geworden und die Debatten um Zuckersteuer und Co sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Im Übrigen braucht es Body Positivity, um sich selbst zu akzeptieren. Das betrifft dicke wie dünne Menschen, ja, alle Menschen, die einem genormten Bild nicht entsprechen. Überhaupt ist das Problem, dass es „normale“ Menschen gibt. Das Konzept des positiven Körpers ist die Antwort für alle Body Shamer und selbst wenn wir es schaffen, Übergewicht zu bekämpfen, ein gesundes (kein normales!) Gewicht bei Menschen zu stabilisieren, so bleiben dennoch Spuren des Fettseins zurück. Ich sehe das jeden Tag an mir selbst, wie die Haut Falten wirft, zu enge Klamotten wie Wurstpelle kleine Hautröllchen bilden, die dann über den Gürtel baumeln. Es hat noch nie geschadet, andere zu akzeptieren, wie sie sind und aussehen. Denn wie mit jeder Sucht, beginnt der Kampf mit dem Eingeständnis, sich Hilfe zu gönnen und okay damit zu sein.
Eins noch: Jemanden, der 100 Kilo abgespeckt hat, nicht zu daten, weil die Haut nicht straff am Bauch anliegt, ist genau das Gegenteil von Akzeptanz. Das ist nämlich oberflächlich und ein bisschen Scheiße! Just sayin‘. Ist mir vor ein paar Wochen passiert.